Antwerpen? Antwerpen!

In Antwerpen war ich als Kind mal, auf dem Weg zur Nordsee (Cadzand?). Einzige Erinnerung: Ein Riesenschiff, und überall wo wir hinsahen und -traten: Marienkäfer!!!! So wie auf diesem Bild, das, viel später von einer mir unbekannten Person aufgenommen, tatsächlich auch aus Antwerpen stammt (Quelle: http://www.vildaphoto.net/photo/53674):

Und jetzt? Habe ich von meiner AllerallerLiebsten ein Wochenende in Antwerpen zum Geburtstag geschenkt bekommen - ursprünglich, weil dort die einzigartige Bettina Köster live zu erleben sein wird. Aber dieser Anlass hat zu ein paar Recherchen über die Stadt geführt - und inzwischen sind wir ebenso gespannt wie auf das Konzert  gespannt auf Antwerpen selbst!

Am Freitag geht's los!

 

Wer hätte es erraten?

Eine Stadt mit 22 Synagogen, 8 buddhistischen und 8 hinduistischen Gemeinden. 30 Gemeinden unterschiedlicher islamischer Strömungen. In der Überzahl dennoch die Überbleibsel der im 7. Jh. einsetzenden Christianisierung.

Im 15. und 16. Jahrhundert eine der größten Städte der Welt.

Stadt der Durchreise und des Aufbruchs: allein zwischen 1870 und 1935 migrierten von hier aus mehr als 2 Millionen Menschen nach Nordamerika. Aber es bleiben auch viele: über 500.000.

Weltzentrale des Diamentenhandels.

Bis heute ein Biotop für Kunst, Design und Musik-Kultur...

Der Fluss, an dem sie liegt, heißt Schelde, und das offene Meer ist nicht weit...

 

Welche Stadt ist das?*

Welche Sprache wird dort gesprochen?

Wie wird es dort sein?

 

*(Ich habe es übrigens nicht erraten. Darf aber trotzdem hin. Tollstes Geburstagsgeschenk aller Zeiten!) (Bis jetzt;)

Gute Reise!

 

 

 

Wir reisen natürlich mit Bus & Bahn :)

 

Nach einem überfüllten ICE und Frühstück auf dem Boden im Gang dürfen wir umsteigen und landen Peter Gitzen, dem "Zugbegleiter mit Fanclub"... Das lesen wir aber erst hinterher - nachdem er uns glänzend unterhalten und sogar noch in die Kamera hinein eine gute Reise gewünscht hat. Auf Chinesisch, wie die Frau von Welt sofort erkennt...

 

Ab Düsseldorf weiter mit dem Bus - auch mal ne Alternative. Sehr komfortabel, Sitzplatz reserviert, tolle Aussicht und nach drei Stunden sind wir - superpünktlich! - tatsächlich da.

 

Hoi Antwerpen!

Ankommen: Nachtspaziergang durch Zuid und die Nationalstraat

Das Viertel Antwerp Zuid hat auch bei Nacht viel zu bieten: Schöne alte Häuser mit zahlreichen Kneipen...

... von denen viele auch jetzt im Dezember abends Tische und Heizstrahler draußen stehen haben. Diese Kneipenterassen sind ein Paradies nicht nur für RaucherInnen (die hier natürlich anonym bleiben wollen)...

Dann ein kleiner Schaufensterbummel vorbei an regionalen Delikatessen...

... und ein paar Klamottenläden. Antwerpen scheint ja in "der Modewelt" - wo auch immer die sich befinden mag - durchaus einen gewissen Ruf zu genießen.

Die Kamera kann auch bunt.

Stadtbilder

Die kleinen Entdeckungen beim Rundgang durch den alten Stadtkern

Rund um den Grote Markt ist - und zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit - so viel los, dass wir es schöner finden, das Treiben von oben zu betrachten, zum Beispiel vom ersten Stock einer Waffelbude aus.

Die goldgeschmückten Fassaden sind von hier aus vielleicht sogar besser zu erkennen.

 

Entspannter am Ende die Streifzüge durch die wenigstens etwas abseits gelegenen Sträßchen mit Bars, Shops, interessanten Fassaden.

 

Ein großes Gebiet mit genug zu entdecken - und das ohne dass wir uns vorkommen wie auf einer Touri-Meile - es sind offensichtlich eher Einheimische, die jetzt in der Vorweihnachtszeit in Scharen hier unterwegs sind.

 

Und immer wieder einkehren ist Pflicht - schließlich wollen unzählige belgische Biersorten entdeckt und probiert werden.

 

Es gibt Schlimmeres.

Im Schatten der Kathedrale ist alles heilig - auch die Cocktails.
Da ist für Glühwein keine Zeit - selbst wenn er heilig ist.
Immer wieder Kronleuchter in den hohen Räumen alter Häuser... Auch hier offensichtlich kein Stromsparzwang.
Immer wieder Kronleuchter in den hohen Räumen alter Häuser... Auch hier offensichtlich kein Stromsparzwang.
Müde Füße? Ab in die Bahn!
Müde Füße? Ab in die Bahn!
Wie wir erst später gelesen haben auch in Antwerpen leider nicht alltäglich: Straßen ohne Rassismus.
Wie wir erst später gelesen haben auch in Antwerpen leider nicht alltäglich: Straßen ohne Rassismus.
Männer-Urinal direkt neben dem Handwaschbecken für alle... das sehen wir hier nicht zum ersten Mal - aber besonders schön dekoriert!
Männer-Urinal direkt neben dem Handwaschbecken für alle... das sehen wir hier nicht zum ersten Mal - aber besonders schön dekoriert!
Und im selben Laden: Teufelszeug Alkohol da, wo es hingehört.
Und im selben Laden: Teufelszeug Alkohol da, wo es hingehört.

Zahntourismus

Ein Wermutstropfen beim schönsten Ausflug: meine "Backenmigräne" - Zahnschmerzen, die ich so nenne, weil sie kommen und gehen wie Migräne, weil bis jetzt keine Ursache gefunden wurde, weil sie manchmal ganz schön nervig sind - und zermürbend.

Schmerzen unbekannter Herkunft machen aber auch Angst - zusätzlich zu der Angst, die ich eh schon vor ZahnärztInnen habe!

Hoffentlich muss ich nicht zum Zahnarzt!
Hoffentlich muss ich nicht zum Zahnarzt!

So gilt es  jenseits der üblichen Touri-Pfade herauszufinden, wie das Antwerpener Zahnnotfallsystem funktioniert. (Ich mach das noch zur Profession. In Griechenland war ich ja auch schon testen.) Hier gibt es nämlich eine zentrale Rufnummer, die zwischen 10 und 18 Uhr an Sam-, Sonn- und Feiertagen zu einem diensthabenden Zahnarzt / einer diensthabenden Zahnärztin (tandart van de wacht) durchstellt.

Dummerweise ist diese Rufnummer kostenpflichtig - und mein Mobilfunkanbieter hat mir mal wieder seine Dienste verweigert, als ich dort tatsächlich anrufe.

Ich greife jetzt einmal vor: am Sonntag war ich nämlich so zermürbt, dass ich bereit war, dort anzurufen. Aber dann ging es nicht. Wir waren gerade am MAS - Museum an de Strom - und ich fragte die Kassiererin, was an der Nummer falsch sei. Sie versuchte es ebenfalls, erst über das Museumsfestnetz -> ging nicht. Wahrscheinlich kostenpflichtige Nummern gesperrt. Dann von ihrem Handy aus -> ging nicht, kein ausreichendes Guthaben. Zu guter Letzt vom Handy ihrer Kollegin aus -> und das funktionierte dann endlich!

Sie wollte übrigens nur Karma-Punkte dafür - mögen sie reichlich auf ihrem Konto gutgeschrieben werden! Eine supernette Begegnung voller Hilfsbereitschaft, Anteilnahme und Sympathie! Ich mag Belgien!

 

PS: am Ende war ich doch nicht dort, weil der Diensthabende außerhalb wohnte und in der ganzen Innenstadt kein Taxi aufzutreiben war um uns rechtzeitig hinzubringen.

Zum Trost belgisches comfy food: witloof in de oven. (Auch nicht schlecht die Alternative: stoofvlees!)
Zum Trost belgisches comfy food: witloof in de oven. (Auch nicht schlecht die Alternative: stoofvlees!)

Das Konzert

Der Ursprung der Idee, nach Antwerpen zu fahren, lag ja darin, dass ich wahnsinnig gern mal Bettina Köster live sehen wollte. Und meine Liebste hat es recherchiert: die nächste Gelegenheit war der heutige Abend in Antwerpen - und in meinem Alter sollte ja nichts mehr aufgeschoben werden!

Und da sind wir nun, auf dem Belgian Independent Music Festival und warten auf SIE....

Und jetzt kommt der Hammer!!!

Während wir noch so an der Theke stehen, es ist gerade Umbaupause, und fasziniert all die konsequent schwarz gekleideten Menschen beobachten, kommt sie an uns vorbei, sieht uns, und begrüßt meine Liebste wie eine alte Bekannte!

Woraufhin die ihr erzählt, dass sie mir das Konzert zum Geburtstag geschenkt hat und wir extra wegen ihr aus Deutschland angereist sind...

Voller Vorfreude: gleich gehts los!
Voller Vorfreude: gleich gehts los!

Und dann steht SIE auf der Bühne, mit einer wahnsinns Präsenz... Und wir natürlich ganz ganz vorne.

Soundqualität leider beschissen, so ne kleine Digi-Kompakte kann halt doch nicht alles... Fürs Dörrgerät hier der Text des alten Malaria-Songs:


achtung! achtung!
geld regiert die welt
neue religionen, alte religionen
unser glaube ist unsere welt,
unser glaube ist unser geld.
es gibt keine klarheit
es gibt keinen nebel
blind lief ich hinterher
ich ließ mich verführen
neue religionen, alte religionen
unser glaube ist unsere welt,
unser glaube ist unser geld.
kaufen glauben zahlen
es gibt keine klarheit
es gibt keinen nebel
ach wenn ich nicht hungrig wär',
wie glücklich könnt ich sein!

© koester/gut

Und dann plötzlich, genau in unsere Richtung blickend:  "I heard there is a birthday girl tonight... This song is for you!"  Thar she blows... singt sie... SUPERWOW!!!!!

Ich im Glück! Danach noch ein kurzer Absacker in einer Bar mit Live-DJ bei uns um die Ecke.
Ich im Glück! Danach noch ein kurzer Absacker in einer Bar mit Live-DJ bei uns um die Ecke.

Unter dem grossen Fluss

Tatsächlich! Unter der Schelde haben sie in den 1930er Jahren einen Tunnel gegraben, der heute denkmalgeschützt und nur noch für RadlerInnen und FußgängerInnen freigegeben ist!

Ein beeindruckender Sonntagsspaziergang von 572 Metern Länge, nicht nur, falls es oben mal stürmt und schneit. Wer davon nicht ausgelastet ist, kann entweder auf der anderen Seite am Ufer joggen gehen oder die wunderschönen hölzernen Rolltreppen in Gegenrichtung laufen!

Der Blick zurück von der anderen Seite - in der Mitte das Eingangsgebäude zum Tunnel.
Der Blick zurück von der anderen Seite - in der Mitte das Eingangsgebäude zum Tunnel.

Weihnachtsmarkt!

Antwerpener Liebfrauenkathedrale als Nikolaus verkleidet.
Antwerpener Liebfrauenkathedrale als Nikolaus verkleidet.

Nein, wir hatten nicht den Eindruck, dass in Belgien Strom gespart wird. Jedenfalls nicht jetzt im Advent.

Blau betont die mittelalterliche Festung Het Steen.
Blau betont die mittelalterliche Festung Het Steen.

Für uns steht der kulinarische Aspekt im Vordergrund. Neben Glühwein gibt's auch Sekt. Und für den kleinen Hunger zwischendurch: Frietjes (niemals, wirklich niemals French Fries sagen!!!), Bakharing oder auch...

Austern!

Austern auf dem Weihnachtsmarkt.
Austern auf dem Weihnachtsmarkt.

Aber das Allertollste auf dem Weihnachtsmarkt sind die Feuertonnen, die die Stadt hier überall aufgestellt hat und niemals ausgehen lässt. Hier lässt es sich trefflich ausruhen und die lauen Dezembernächte am Ufer der Schelde genießen! Finden auch die Nachwuchsnikoläuse.

Ganz großer Bahnhof

Viel zu schnell müssen wir uns wieder verabschieden - wir hätten gut noch ein paar Tage länger bleiben können! Zum Abschied ein Spaziergang durch den Stadtpark und das jüdische Viertel, das direkt an den Bahnhof grenzt (dort bei Hoffys essen gehen, Pflicht für VegetarierInnen und den Rest der Welt!). Aber was sage ich - Bahnhof... Antwerp Centraal ist eine Sehenswürdigkeit für sich - und damit ganz zum Schluss noch einmal ein echtes Highlight!

L'amour toujours

Toll war's! Unendlichen Dank, Liebste! Ich möchte noch ganz oft mir dir verreisen!